Weihnachtsgeschenke auf Knopfdruck: Wie nachhaltig ist der Onlinehandel?

19. Dezember 2018
Weihnachtsgeschenke sind heute nur noch einen Klick entfernt. Von Lebkuchen bis zur Spielekonsole kann alles online bestellt werden und wird innerhalb kürzester Zeit direkt bis vor die Haustür geliefert. Doch welche Auswirkungen hat der Onlinehandel auf unsere Umwelt? Ramboll-Umweltexpertin Valentina Romagnoli erklärt im Interview welche Chancen und Herausforderungen mit E-Commerce verbunden sind.
Weihnachtsgeschenke auf Knopfdruck

Weihnachtsgeschenke auf Knopfdruck

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Valentina Romagnoli

Valentina Romagnoli

Senior Consultant
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Statt sich mit Gedränge an Regalen und langen Warteschlangen an der Kasse zu plagen, bestellen Kunden heutzutage bequem von zu Hause aus. Welche Folgen hat diese Entwicklung für unsere Umwelt?

Die Auswirkungen von Onlinehandel auf die Umwelt sind noch nicht ausreichend untersucht. In vielerlei Hinsicht wird der Onlinehandel als Chance zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung gesehen. Unvermeidlich löst er aber auch eine Diskussion über die möglichen Gefahren für die Umwelt aus. Derzeit gibt es keine wesentlichen Daten, die eine der Positionen unterstützen könnten.

Können Sie das an einem Beispiel erläutern?

Ein Beispiel ist der Einfluss des Onlinehandels auf den CO2-Ausstoß: Ist er positiv oder negativ? Eine kürzlich durchgeführte Studie geht davon aus, dass der CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2030 im Vergleich zu 2012 um 2 Prozent sinkt – und das nur in Bezug auf verkehrsbezogene Emissionen. Das liegt im Wesentlichen daran, dass Verbraucher weniger Auto fahren. Durch die Möglichkeit online einzukaufen, müssen sie noch nicht mal ein Auto besitzen und nutzen alternative Verkehrsmittel.

Auf der anderen Seite könnte der Ausstoß auch steigen: Denn werden Produkte umgetauscht, müssen sie nochmal verschickt und transportiert werden. Bei Ramboll interessieren wir uns insbesondere dafür, welche Chancen und Herausforderungen der Onlinehandel in Bezug auf die Kreislaufwirtschaft schafft.

Wie hängen Kreislaufwirtschaft und Onlinehandel zusammen?

Ziel der Kreislaufwirtschaft ist es, „den Kreislauf zu schließen“. Also Abfall und den Ressourcenverbrauch zu minimieren, indem Produkte so lange wie möglich wiederverwendet und recycelt werden. Eine Schlüsselrolle dabei spielt das „Ökodesign“, also die Haltbarkeit, Reparaturfähigkeit und Wiederverwertbarkeit von Waren. 

Preise zu vergleichen und digital nach besseren Angeboten Ausschau zu halten ist durch den Onlinehandel viel einfacher geworden. Verbraucher können aus vielen Produkten und Dienstleistungen wählen. Während das deutliche Vorteile für die Verbraucher hat, kann es dadurch schwieriger werden, Produkte im Kreislauf zu halten. Verbraucher bestellen sich lieber ein neues Produkt nach Hause, statt alte Gegenstände aufwendig reparieren zu lassen. Außerdem ist der Anreiz groß, billigere Produkte von Herstellern aus Übersee zu kaufen oder etwas sogar einfach nur zu bestellen, weil es ein Schnäppchen ist. Dadurch nehmen die verkehrsbedingten Emissionen zu. Dieses impulsive Kaufverhalten verursacht potentiell auch mehr Abfälle. 

Bedeutet das, dass wir ein schlechtes Gewissen beim Online-Shopping haben sollten oder kann Onlinehandel auch nachhaltig gestaltet werden? 

Absolut nicht! Wir wissen noch nicht, ob Onlinehandel insgesamt einen negativen oder positiven Effekt auf Nachhaltigkeit hat. Ein sehr einfaches, aber gutes Beispiel sind E-Books und online-verfügbare Musik: Die Möglichkeit, physische Produkte zu ersetzen, reduziert den Verbrauch von Rohstoffen. Die zur Herstellung und zum Transport eines Produktes benötigte Energie sinkt, einschließlich der damit verbundenen Emissionen. 

Darüber hinaus können E-Commerce-Plattformen dazu genutzt werden, Verbraucher über die Nachhaltigkeit von Produkten zu informieren und die Auswirkungen auf die Umwelt zu verdeutlichen. Hier kann ein Umdenken angestoßen werden: Verbraucher können umweltfreundliche Alternativen aufgezeigt werden, also beispielsweise ressourcenarme Produkte und Dienstleistungen oder Reparaturmöglichkeiten.

An welchen Projekten zu diesem Thema arbeiten Sie aktuell?

Erst kürzlich wurden wir von der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission (JRC) mit einem spannenden Projekt beauftragt. Zusammen mit unseren Kollegen von Ramboll Management Consulting und der Technischen Universität Dänemark (DTU) können wir jetzt den Einfluss des Onlinehandels auf die Kreislaufwirtschaft genau untersuchen und bewerten. Ich übernehme hier die Koordination.  

Wie kann man sich Ihre Arbeit vorstellen und welche Expertise hat Ramboll in diesem Bereich?

Als Senior Consultant im Münchner Büro von Ramboll bin ich in verschiedenen Projekten im Bereich Nachhaltigkeit tätig – insbesondere was den Einzelhandel angeht, wo ich aktuell noch ein anderes Projekt für die Europäische Kommission leite. In diesem Projekt kommen die 25 größten Einzelhändler Europas zusammen, von denen die meisten ihre Produkte auch online verkaufen. Dadurch wissen wir genau, welche Aspekte von Nachhaltigkeit im Einzelhandel eine große Rolle spielen und sind auch mit den Hürden, die den Einzelhändlern beim Umsetzen ihrer Nachhaltigkeitsziele begegnen vertraut. 

Als Fachleute in diesem Bereich kennen wir aktuelle politische Trends und Initiativen. Wir bieten eine 360-Grad-Unterstützung bei der Entwicklung einer soliden Nachhaltigkeitsstrategie. Dabei setzten wir auf Best Practices der Branche und beziehen die politischen Entwicklungen in der Europäischen Union mit ein. Wir können die Auswirkungen auf die Umwelt bewerten und steuern, entwickeln Umwelt-Management-Systeme und stellen unseren Kunden nachhaltige Lösungen zur Verfügung.